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Warmer Apfelstrudel mit Wiener Melange im Café Schwarzenberg Wien

Wenn man schon mal in Wien ist, dann muss man natürlich auch in ein traditionelles Wiener Kaffeehaus gehen. Denn die Wiener Kaffeehauskultur ist so besonders, dass sie seit 2011 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe geführt wird. »Die Kaffeehäuser«, so die Begründung der UNESCO, »sind ein Ort, in dem Zeit und Raum konsumiert werden, aber nur der Kaffee auf der Rechnung steht«. Und das finde ich eine wunderschöne Formulierung.

Auch wenn das Kaffeehaus nicht in Wien erfunden wurde (Jahrzehnte vorher gab es schon welche in Venedig, Oxford und London, kurz danach auch in Paris), so stecken sie doch bis heute voller gesellschaftlicher, künstlerischer und politischer Relevanz. Vom Biedermeier bis zur Moderne fungierten sie als Räume für demokratische Clubs, Redaktionsstuben und Literaturbüros. Autor:innen wie Schnitzler, Zweig und Altenberg schrieben hier ihre Manuskripte, Politiker:innen organisierten Debatten, Künstler:innen diskutierten Stilfragen.

Das Café Schwarzenberg, in das wir eingekehrt sind, wurde 1861 gegründet und bezeichnet sich selbst als »Wiens ältestes Ringstraßen-Café«. Diese Behauptung nehme ich jetzt einfach mal ohne Faktencheck so hin.

Ich beginne dieses Mal mit dem Service, nicht mit dem Ambiente, und das hat einen Grund.

Der Service

Im Eingangsbereich im Café Schwarzenberg wird eine große Zahl unterschiedlicher Kuchen gezeigt.
Im Eingangsbereich im Café Schwarzenberg wird eine große Zahl unterschiedlicher Kuchen gezeigt.

Mit sechs Personen kann man schlecht irgendwo aufschlagen und erwarten, dass spontan genug Platz da ist. Besonders dann, wenn man unbedingt in ein ganz bestimmtes Lokal gehen möchte, so wie wir. Denn schon vor zwei Jahren waren meine Frau, mein Sohn und ich im Café Schwarzenberg und fanden es fantastisch.

Also wollten wir auch dieses Mal hin, nur eben mit sechs Personen. Eigentlich hatte ich vor, für den Nachmittag im Internet zu reservieren – doch im System der Website waren erst abends Plätze frei. Wir hatten uns daher eigentlich vom Gedanken verabschiedet, das Schwarzenberg nehmen zu können. Aber eher zufällig kamen meine Frau und ich während eines gemeinsamen Spaziergangs am späten Vormittag am Café vorbei und wir sagten uns: »Fragen kostet nix.«

Also sind wir rein, wurden von zwei Obern empfangen und brachten unser Anliegen vor. Sofort machten sich die beiden daran, zu schauen, ob sie für uns am Nachmittag noch drei Zweiertische zusammenschieben konnten – und sie konnten. Sie bewegten einfach andere Platzreservierungen hin und her, um unseren Besuch irgendwie möglich zu machen. Während der ganzen Aktion machten sie Späße untereinander (»Die Leut’ schieb’ ich dir zu, dann kannst du deinen Feierabend vergessen« – »Na, da werd’ ich mich schon für revanchieren!«). Offensichtlich mochten sich die zwei, und offensichtlich war das Betriebsklima im Schwarzenberg in Ordnung. Und dann schrieb der eine Ober meinen Namen in die Reservierungen.

Als ich dann einige Stunden später zur reservierten Zeit mit meinem Sohn statt meiner Frau auftauchte (die war nämlich mit dem Rest der Familie noch anderswo in Wien unterwegs) und mich dem Schild »Bitte warten Sie, Sie werden platziert« vor der Eingangstür näherte, blickte mir der Ober von vorhin von drinnen entgegen, winkte mir zu und sagte: »Herr Pflüger, kommen’s glei’ durch!«

Bitte was? Der Ober hat mich identifiziert, obwohl ich jemand anders im Schlepptau hatte als zuvor? Und er erinnerte sich noch nach Stunden an meinen Namen, ohne nachschauen zu müssen?

Respekt. Wirklich Respekt.

Wir bekamen einen Tisch in der Nähe des Eingangs und wurden fortan von einem anderen Ober bedient – offenbar war just zu dieser Zeit Schichtwechsel.

Aber auch dieser junge Mann leistete tollen Service. Stets im Hintergrund verfügbar, stets aufmerksam, stets freundlich. Er brachte uns nicht nur die Getränke und Speisen, bat nicht nur um Entschuldigung, weil die warmen Apfelstrudel etwas länger bräuchten, räumte nicht nur stillschweigend alle leeren Teller, Gläser und Tassen weg. Nein, unser Ober erkannte unsere Bedürfnisse und hat seinen Service genau daran angepasst. Er beherrschte die Balance zwischen Aufmerksamkeit und Diskretion – er war immer dann präsent, wenn er von uns gebraucht wurde, hielt sich aber zurück, wenn wir ungestört bleiben wollten.

In einem Satz: Der Service, den wir im Café Schwarzenberg erleben konnten, war von vorn bis hinten sensationell gut.

Das Ambiente

Die Fassade des traditionsreichen Cafés Schwarzenberg direkt am Schwarzenbergplatz in Wien.
Die Fassade des traditionsreichen Cafés Schwarzenberg direkt am Schwarzenbergplatz in Wien.

Schon von außen ist das Café Schwarzenberg ein echter Hingucker. Es handelt sich um ein Eckhaus, direkt am Schwarzenbergplatz (wobei die Postadresse der Kärntner Ring ist, der auf den Platz stößt). Die großen, hohen Fenster enden oben in einem Halbrund, auf dem in goldenen Lettern der Name des Cafés angebracht ist.

Betritt man den Gastraum durch den Windfang, setzt sich der klassische Charme fort – Die Atmosphäre des Schwarzenbergs entspricht dermaßen klischeehaft dem Klischee eines Wiener Kaffeehauses, dass sich das »Klischee« wegkürzt und nur »Atmosphäre« übrig bleibt. Schaut euch das einmal an:

Der Gastraum des Café Schwarzenberg in Wien.
Der Gastraum des Café Schwarzenberg in Wien.

Ist das nicht einfach fantastisch? Was in diesem Foto gar nicht so richtig herauskommen will, ist die schiere Höhe der Decke, und das liegt an der Verzerrung des Weitwinkelobjektivs (die sieht man leider auch links an den Stühlen sehr gut). Meine grobe Schätzung ist, dass die Decke an der höchsten Stelle locker fünf bis sechs Meter misst.

Und wenn ihr euch fragt, was das da oben für ein lustiges Muster an der Decke ist, nun, es handelt sich um das hier:

Schuppenförmiges Kachelmosaik an der Decke des Café Schwarzenberg.
Schuppenförmiges Kachelmosaik an der Decke des Café Schwarzenberg.

Unsere Tische waren – ganz in der Tradition des Wiener Kaffeehauses – mit einer schönen Marmorplatte ausgestattet, die Sitzgelegenheiten mit Leder gepolstert. Die Stühle waren ziemlich bequem, was ich auf den ersten Blick überhaupt nicht erwartet hatte. Aber die halbrunde Rückenlehne des Stuhls war wirklich überraschend angenehm.

Von unserem Tisch selbst habe ich gar kein Bild gemacht, aber nebenan war noch eine reservierte Sitzgruppe frei. Auf Stühlen wie diesem hat unsere ganze Truppe gesessen.

Im Café Schwarzenberg gibt es lederne Sitzbänke und sehr bequeme Stühle mit Lederpolster und runder Rückenlehne.
Im Café Schwarzenberg gibt es lederne Sitzbänke und sehr bequeme Stühle mit Lederpolster und runder Rückenlehne.

Die Bestellung

Von unserem letzten Besuch vor zwei Jahren im Jahr 2023 wussten wir noch, dass das Schwarzenberg fantastische Wiener Schnitzel serviert (aktuell, am 7. Juli 2025, kostet es tatsächlich sagenhaft günstige 26,50 Euro). So sah das inklusive Vergleichsgröße einer Männerhand damals aus:

Café Schwarzenberg: Wiener Schnitzel, 2023
Café Schwarzenberg: Wiener Schnitzel, 2023

Heute aber war es ja erst Nachmittag, also Kaffeezeit. Also hieß es: eine Kaffeespezialität und dazu eine der berühmten österreichischen Backwaren oder Mehlspeisen genießen.

Und so bestellten wir allesamt Apfelstrudel. Vier Leute orderten die einfache Version für 7,90 Euro, mal ohne und mal mit Schlagobers (= Schlagsahne) zu 2,50 Euro. Und meine Schwägerin und ich konnten den Hals nicht voll genug bekommen und legten uns auf den warmen Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum für 12,60 Euro fest.

Ich nahm dazu noch eine Wiener Melange für 6,70 Euro. Und damit beginne ich auch, weil sie zuerst am Tisch ankam.

Die Wiener Melange

Die Wiener Melange im Café Schwarzenberg.
Die Wiener Melange im Café Schwarzenberg.

Tauchen wir kurz ein in die Entwicklung der Wiener Melange. Grundlage ist ein Mokka und heiße Milch, aber diese Urform hat sich immer wieder verändert und weiterentwickelt. Und jetzt kommt mir doch endlich einmal zugute, dass ich zwei Jahre lang die Hannoversche Kaffeemanufaktur als Social-Media-Manager begleitet und in dieser Zeit mehr über Kaffee gelernt habe, als mir lieb ist.

Der ursprüngliche Mokka (bis 1800)
In der Frühzeit der Wiener Kaffeehauskultur wurde echter türkischer Mokka im Ibrīq zubereitet. Das staubfein gemahlene Kaffeepulver wurde mehrmals mit Wasser aufgekocht und mitsamt Kaffeesatz serviert. Diese ursprüngliche Form war stark, intensiv und oft mit Zucker und Gewürzen verfeinert. Aber in dieser Form gehörte der Mokka nie zur Wiener Melange.

Der Übergang zur Filtermethode (1800 bis 1850)
Mit der Entwicklung der Seihkanne und besonders ihrer Spezialform, der Karlsbader Kaffeemaschine, wandelte sich das Mokka-Verständnis in Wien grundlegend. Statt staubfeinen Pulvers verwendete man nun grobes Kaffeemehl, das durch Schwerkraft extrahiert wurde. Der Kaffee wurde milder und ohne Kaffeesatz serviert. Und das war ab 1830 der Startschuss für die Wiener Melange.

Die ursprüngliche Melange kombiniert mild gerösteten Mokka aus der Seihkanne bzw. Karlsbader Kaffeemaschine und die gleiche Menge heißer Milch – ganz ohne Milchschaum oder Dekor. Ziel war ein verträgliches Frühstücksgetränk für das großbürgerliche Publikum.

Die Karlsbader Ära (1850 bis 1945)
Die Karlsbader Kaffeemaschine aus Porzellan wurde zum Symbol der Wiener Kaffeehauskultur. Das charakteristische Porzellan-Doppelsieb ermöglichte einen besonders reinen, weichen Kaffee. In den Kaffeehäusern wurde der »Karlsbader« oft direkt am Gästetisch zubereitet. Manchmal experimentierten Kaffeehäuser mit geschlagener Milch oder Schlagobers für eine dünne Haube. Die Melange blieb jedoch grundsätzlich eine 1:1-Mischung mit nur gelegentlichem, dünnem Milchschaum als optionaler Zugabe. Ab 1900 kamen die ersten Dampfaufschäumer auf den Markt. Sie lieferten stabileren Schaum, was zu größerer Akzeptanz der Schaumhaube führte. In manchen Häusern ersetzte nun auch Schlagobers den Milchschaum auf der Melange – eine Spezialität, die heute als »Franziskaner« angeboten wird.

Espressomaschinen (ab 1945)
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts hielten Siebträgermaschinen Einzug in die Wiener Kaffeehäuser. Doch Wien entwickelte eine eigene Interpretation: Anders als in Italien wird der Espresso deutlich länger und bei geringerem Druck extrahiert; der so entstehende Kaffee (»Mokka« oder »Kleiner Schwarzer«) bildet heute die Basis der Melange. Milchschaum etablierte sich ab Mitte der 1950er Jahre als fester Bestandteil der Melange, blieb aber bis in die 1980er Jahre hinein eher zurückhaltend. Erst zu dieser Zeit entstand das bis heute oft als gültig angenommene Mischungsverhältnis von einem Teil Mokka, einem Teil heißer Milch und einem Teil Milchschaum. Das scheint allerdings mittlerweile gar nicht mehr zu stimmen; verschiedene Quellen behaupten, dass oft mit einem normalen Espresso gearbeitet wird und die Milchschaumhaube nur noch 10 bis 15 Prozent des gesamten Getränks einnimmt.

Und die Wiener Melange im Café Schwarzenberg?

Ob da nun ein simpler Espresso oder ein leicht verlängerter Kleiner Schwarzer als Basis für die Melange genutzt wird, ob der Milchschaumanteil ein Drittel beträgt oder nur 10 Prozent – keine Ahnung. Das, was mir in der schönen Porzellantasse serviert wurde, war einfach großartig.

Bitte, bitte, liebes Café Schwarzenberg, verändert diese Rezeptur nicht.

Eure Melange ist wunderbar. Der Milchschaum ist exakt richtig – nicht zu fest, aber doch stabil genug, um die Schaumkrone lange zu halten. Der Kaffeegeschmack tritt trotz der vielen Milch deutlich hervor, bleibt dabei aber mild und aromatisch. (Zucker ist bei einer Wiener Melange aus meiner Sicht ohnehin des Teufels. Und ich glaube nicht mal an Teufel und Dämonen. Aber ich glaube an Kaffee ohne Zucker.)

Diese Wiener Melange ist eine ganz klare Schulnote 1.

Und jetzt zur Hauptattraktion des Nachmittags.

Warmer Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum

»Wer einmal aus dem Blechnapf frisst«, so betitelte Hans Fallada seinen Roman aus dem Jahr 1934. Der Titel ist dabei eine zentrale Metapher für die dauerhafte Stigmatisierung aus dem Knast entlassener Strafgefangener. Der Blechnapf symbolisiert die Entbehrungen und Erniedrigungen des Häftlingsdaseins in den Gefängnissen jener Zeit – mit billigem, unzerbrechlichem Geschirr, das die Ärmlichkeit und Würdelosigkeit der Haftbedingungen verdeutlichte.

Und mir serviert man in diesem wundervollen Ambiente des Cafés meinen warmen Apfelstrudel – in einem Blechnapf:

Der warme Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum im Café Schwarzenberg kommt in einer Metallschale.
Der warme Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum im Café Schwarzenberg kommt in einer Metallschale.

Okay. Es ist jetzt nicht so richtig »Blech«. Kein bisschen billig. Kein bisschen ärmlich. Kein bisschen würdelos. Die Schale mit ihren zwei Henkeln fühlt sich schon ziemlich gut an. Schwerer Edelstahl, vielleicht 18/10? Egal. Ich wollte nur den peinlichen Gag mit dem Blechnapf machen.

Die Schale war recht tief; unten ein Spiegel aus warmer Vanillesoße und einem Klecks Preiselbeeren – »Preiselbeerschaum« war das eher nicht –, darin thronte majestätisch ein riesiges Stück Apfelstrudels mit feiner Staubzuckerauflage.

Meine Schwägerin und ich bekamen unsere warmen Apfelstrudel mit einer Entschuldigung des jungen Mannes vom Service deutlich nach den anderen, die ihre jeweiligen kalten Versionen mit und ohne Schlagobers schon halb verspeist hatten. Mein Sohn hatte mit dem Satz: »Das ist der beste Apfelstrudel bisher« die Latte hochgelegt, denn, ganz der Teenager in der Wachstumsphase, hatte er sich hier Tag für Tag wie ein Scheunendrescher durch die Spezialitäten der Stadt gefressen.

Meine Erwartung war also ziemlich weit nach oben geschraubt – ich hatte nämlich bisher noch überhaupt keine Süßspeise gekostet.

Die Vanillesoße

Der warme Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum im Café Schwarzenberg kommt in einer Metallschale.
Der warme Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum im Café Schwarzenberg kommt in einer Metallschale.

Als Erstes tauchte ich meinen Löffel in die warme – und glücklicherweise nicht heiße! – Vanillesoße. Was mir sofort auffiel, war ihre zarte Cremigkeit. Süß? Ja, aber nur ganz leicht und sehr angenehm im Hintergrund, so, als sei hier ganz dezent mit ein paar Prisen Puderzucker gearbeitet worden.

Stattdessen steht das Vanillige im Vordergrund.

Und zwar die Art Vanilliges, die ich aus meiner Kindheit in Erinnerung habe. Damals hat Mama immer ein Pülverchen aus einem Papiertütchen in warme Milch gekippt, ein wenig gerührt, und am Ende kam leckere, satt gelbe Vanillesoße heraus. Für mich war das damals die pure Magie.

Was ich sagen will: Hinweise auf echtes Vanillemark habe ich nicht entdecken können. In der Soße fand ich keine der charakteristischen kleinen, schwarzen Pünktchen. Darum gehe ich davon aus, dass in der Vanillesoße des Café Schwarzenberg lediglich einfache Vanillearomen am Start waren.

Stört mich das? Eigentlich nicht. Denn in einem Kaffeehaus erwarte ich – trotz des fantastischen Ambientes – keine Spitzengastronomie. Wie hieß es noch gleich in der Begründung dafür, die Wiener Kaffeehäuser zum immateriellen Kulturgut zu machen? Ach ja: »Die Kaffeehäuser sind ein Ort, in dem Zeit und Raum konsumiert werden, aber nur der Kaffee [hier: der Apfelstrudel] auf der Rechnung steht.« Die Verkaufspreise dürfen also nicht zu hoch sein. Und der warme Apfelstrudel mit Vanillesoße kostet gerade einmal 12,60 Euro. Und er ist massiv.

Aktuell, im Juli 2025, liegen die Median-Großhandelspreise (also die Einkaufspreise für die Gastronomie) für echte Bourbonvanille in Deutschland bei 1,69 EUR pro Schote. (Für Österreich konnte ich keine spezifischen Preise finden, gehe aber von ähnlichen Preisen aus.) Für die Menge in meiner Schale würde ich Pi mal Daumen eine Viertelschote für die Soße veranschlagen – das entspräche schon mal einem Einkaufspreis von 0,42 Euro für eine einzige Zutat.

Natürlich muss auch die Gastronomie betriebswirtschaftlich arbeiten. Als traditionelles Wiener Kaffeehaus würde das Café Schwarzenberg wahrscheinlich die Wareneinsatzquoten-Methode mit einem Wareneinsatz irgendwo zwischen 25 und 28 % anwenden, und das heißt, dass der Netto-Verkaufspreis der Echten Bourbonvanille in meinem Soßenspiegel irgendwo zwischen 1,50 und 1,68 Euro liegen müsste.

Geschmacklich gibt es natürlich einen Unterschied zwischen echter Bourbonvanille und synthetischem Vanillearoma. Echte Vanille wäre natürlich geiler, aber sie hätte mich bei diesem günstigen Preis wirklich überrascht. Ansonsten fand ich die Soße vor allem wegen ihrer zurückhaltenden Süße gut. Ich gebe ihr die Schulnote 2.

Der Preiselbeerschaum

In der Vanillesoße schwamm ein kleiner Klecks rotes Etwas. Das sollte wohl der Preiselbeerschaum sein. Falls diese Preiselbeeren tatsächlich je geschäumt waren, waren sie – wohl aufgrund der Wärme von Soße und Strudel – längst in sich zusammengefallen, als der Strudel am Tisch ankam.

Geschmacklich ging die Preiselbeere in der Vanille vollkommen unter – ich konnte sie einfach nicht separat auf den Löffel bekommen. Farblich und von dem aus betrachtet, was ich als Konsistenz wahrnehmen konnte, hätte es genauso gut ein Johannisbeergelee sein können. Alles, was der Klecks in der Soße tat, war punktuell die Süße zu heben. Vermutlich wäre es klug, den Schaum künftig in einem separaten kleinen Schälchen statt in der Soße zu servieren.

Wie soll ich hier eine Bewertung abgeben? Ich füge den Klecks einfach dem Gesamterlebnis der Vanillesoße hinzu. Dafür war er weder gut genug noch schlecht genug, um irgendwas an deren Ergebnis zu ändern. Es bleibt also für die gesamte Vanillesoße inklusive des süßen Prieselbeerklecks bei der Schulnote 2.

Der Apfelstrudel

Mit Puderzucker bestäubter warmer Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum im Café Schwarzenberg.
Kunstvolle Füllung beim warmen Apfelstrudel mit Vanillesoße und Preiselbeerschaum im Café Schwarzenberg.

Was für ein Kunstwerk. Dicht gepackt drängen sich die unterschiedlich groß und unterschiedlich dick geschnittenen, goldgelben Apfelstückchen im hauchzarten, gezogenen Strudelteig. Das dicke Stück Apfelstrudel, das da auf dem Soßenspiegel sitzt, ist mit einer feinen Staubzuckerauflage versehen.

Ich mochte gar nicht anfangen, ihn zu essen, so schön war er. Wer schon einmal Apfelstrudel mit Vanillesoße gegessen hat (traditionell nur mit Kuchengabel und Löffel), der weiß, dass das kein schöner Anblick bleibt.

Aber es half ja nichts – sollte ich etwa einfach da sitzen und doof auf meine Schüssel blicken, während mir der verlockende Duft des Strudels gleichzeitig den Verstand vernebelte? Also habe ich erst einmal ein paar Apfelstückchen aus dem Backwerk gezogen, um sie alleine für sich zu probieren.

Für Apfelstrudel kann nicht jeder beliebige Apfel benutzt werden. Die Äpfel, die ich persönlich als Obst essen mag, gehören jedenfalls nicht in einen Strudel. Ich bevorzuge nämlich süße, mehlige Äpfel wie Golden und Red Delicious – und die würden bei der Zubereitung des Strudels schlicht zu einer breiigen Masse zerfallen. Außerdem würde das alles irgendwie viel zu süß werden und wegen der hohen Feuchtigkeit der Äpfel den Teig durchweichen – ganz egal, mit wie viel Semmelbrösel ich dagegen zu arbeiten versuchte.

Für einen Wiener Apfelstrudel benötigen wir also andere Apfelsorten. Typische Äpfel, die dafür verwendet werden, sind Boskoop, Elstar, Jonagold, Cox Orange, Idared oder Braeburn. In Österreich werden sie sogar oft als »Strudler« verkauft.

Welche Sorte beim Café Schwarzenberg im Strudel landet – keine Ahnung. Aber nach der Vereinigung der sauren Apfelstückchen mit dem Strudelteig, geschmolzener Butter, gerösteten Semmelbröseln, Zimt, Zucker, Zitrone, ein paar Rosinen und vielleicht einem Schuss Rum im Backofen ist mir meine Präferenz bei rohen Äpfeln ohnehin vollkommen egal.

Und so war es auch hier im Café Schwarzenberg: Der ganze Strudel hat mich ziemlich weggeblasen.

Zimtig, buttrig, süß-säuerlich, saftig und mit einem komplexen, mehrschichtigen, samtigen, ordentlichen Mundgefühl. Für dieses Gefühl sorgt die Verarbeitung der Äpfel, die – auf dem Foto oben deutlich sichtbar – in unterschiedlich große Stücke geschnitten sind, von sehr feinen, fast blättrig geschnittenen Scheibchen bis zu gröberen Apfelspalten.

All das habe ich jetzt nur geschrieben, um euch zu sagen, dass mein Sohn recht hatte, als er sagte: »Das ist der beste Apfelstrudel bisher.« Er meinte damit allerdings nur die kurze Zeitspanne unserer Wien-Reise.

Ich hingegen sage: Das war der verdammt noch mal beste Apfelstrudel meines Lebens.

Dafür gibt es die beste Schulnote überhaupt: eine glatte 1.

Aber dann war da ja noch die etwas synthetisch schmeckende Vanillesoße mit dem armseligen Preiselbeerschaum. Zu dem hatte ich weiter oben geschrieben, dass er nicht gut genug und gleichzeitig nicht schlecht genug war, um irgendwas an der Note für die Vanillesoße zu ändern.

Genauso ist es jetzt auch bei der Note für den Apfelstrudel – die mit 2 bewertete Vanillesoße (mitsamt Preiselbeerschaum) hat einfach nicht genügend Relevanz für dieses fantastische Gericht, um etwas an der Schulnote 1 ändern zu können.

Diese 1 steht so fest, da bewegt sich gar nix.

Schnitzel Wiener Art im Gilden im Zims

Endlich bin ich mal woanders als in Hannover, nämlich in Köln in der Vorkarnevalszeit. Eingeladen worden bin ich, um an einer Presseveranstaltung teilzunehmen, und zwar in einem altehrwürdigen Gasthaus, nämlich dem »Gilden im Zims«.

Die Lokalität ist absolut super – die alten Backsteine hat man vom Putz befreit und zeigt sie in voller Pracht. Die Räume sind sehr verwinkelt und schaffen eine intime Atmosphäre, obwohl eigentlich alles offen steht.

Zunächst gibt es »Kölsche Tapas« – dahinter verbergen sich Schnittchen und Frikadellen. Das berühmteste Schnittchen dürfte wohl der »Halve Hahn« sein, der mitnichten was mit Hühnern zu tun hat, sondern ein Käsebrot ist. Mit Gurke.

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Die Schnittchen sind total okay, und sie würden problemlos bis zum Abend vorhalten. Aber zwischen ihnen und dem Abend liegen noch zwei Gänge – glücklicherweise mit einigem zeitlichen Abstand.

Mein zweiter Gang besteht aus einem riesigen, fein plattgeklopften und sehr zarten Schnitzel Wiener Art mit einem beinahe schon vulgär großen Berg fantastischer Bratkartoffeln. Einzig die würzige Panade hätte einen Hauch fluffiger ausfallen können (aber das sage ich nur, weil ich unbedingt rummäkeln will). Das Schnitzel und die Bratkartoffeln waren wirklich sehr, sehr gut. Und ich habe die Hälfte der Kartoffeln und den kompletten, mitgelieferten Salatteller übrig lassen müssen, denn: nichts ging mehr.

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Mit gottlob einer erneuten kleinen Pause schob uns der immer aufmerksame Service schließlich noch das Dessert unter: einen Apfelstrudel. Vielleicht sollte man aber den Dom lieber in Köln lassen bzw. die Kirche im Dorf – Apfelstrudel gehört nicht ins Rheinland. Und so fühlte er sich auch an – ein Fremdkörper. Sehr trocken, sehr fest, geschmacklich allerdings völlig okay, und das obwohl Zimtzucker darüber gestreut war. Die mitgelieferte warme Vanillesauce, die ich schließlich über das trockene Dings löffelte, ließ den Strudel dann akzeptabel matschig werden, so dass ich letztendlich sagen kann: nicht gerade super, aber in Ordnung.

Hervorheben kann ich aber wirklich den Service (ein junger Mann übrigens), der immer da war, wenn man ihn brauchte, sich ansonsten aber im Hintergrund aufhielt. Ach ja, erwähnte ich, dass ich auch Schnitzel und Bratkartoffeln toll fand?