Vancouver ist für mich eine der schönsten Städte der Welt, und weil ich in der Gegend Verwandte habe, bin ich alle paar Jahre dort. Auch gerade wieder, im August 2025.
Natürlich muss ich auch hier ein paar Restaurants unsicher machen. Heute traf es das Central Restaurant Vancouver Bentall in der Burrard Street.
Das Ambiente

Das Central Restaurant befindet sich im Erdgeschoss eines Bürogebäudekomplexes und ist reichlich hip. Hohe Decken, die nicht abgehängt sind, sondern den Blick auf Rohre und Leitungen freigeben, die direkt an der brandgeschützten Stahl- und Betonkonstruktion hängen.
Ebenfalls von der Decke baumeln ein knappes Dutzend lautloser Monitore, die – in meinem heutigen Fall – ein Football-Spiel übertrugen. Statt des Sportkommentars lief ziemlich laute Musik; so laut, dass ein vernünftiges Gespräch nicht möglich ist, ohne dass der Nachbartisch alles mitbekommt. Krach beim Essen muss man schon mögen. Ich mag ihn eher nicht, wenn ich essen gehe. Denn ich möchte mich gern unterhalten können.
Naja.
Im vorderen Bereich des Restaurants befindet sich eine ziemlich große Bar-Insel, an der die Getränke gezapft und gemixt werden, im hinteren Bereich die offene Küche. Die Deko ist faszinierend: Bis unter die Decke stapeln sich hier Lautsprecherboxen in überdimensionierten Regalen.

Wenn man mal vom allgemeinen Lärm absieht, ist die Atmosphäre trotz des Industrial-Charmes warm und einladend: Die Wände sind aus Backstein, die Tische aus Holz, die bequemen Bänke mit recht hochwertigem Kunstleder in angenehmen Farben bezogen. Wenn gerade mal nicht die natürliche Helligkeit des Tages durch die riesigen Fenster fallen sollte, sind strategisch gut platzierte Deckenlampen zur Stelle, um die Tische mit warmem Licht zu versorgen.
Der Service

Wenn man an den unscheinbaren Eingang des Central Restaurant Vancouver Bentall tritt, wird man von der ersten Servicekraft in Empfang genommen. In meinem Fall war das eine junge Dame, die meine Reservierung für drei Personen geprüft und uns dann an eine Kollegin weitergegeben hat, die uns dann zu unserem Platz führte: draußen. Da saßen wir keine zwei Minuten über unseren Speisekarten, bevor es uns trotz 22 °C zu kalt wurde – denn der Wind pfiff die Burrard Street erstaunlich eisig herunter. Das war aber kein Problem für das Team: Innerhalb weniger Minuten bekamen wir drinnen einen schönen Tisch direkt am Fenster zugewiesen, wo wir von Evan empfangen wurden. Evan war unsere freundliche Bedienung an diesem Abend.
Er tauchte sofort auf, nachdem wir unsere neuen Plätze bezogen hatten, stellte sich mit Namen vor und ließ uns dann Zeit, uns mit der Speisekarte auseinanderzusetzen.
Wir bestellten zunächst unsere Getränke, und kaum standen die vor uns, nahm er auch schon unsere Speisewünsche entgegen. Direkt danach fragte er, ob irgendwer von uns eine Lebensmittelallergie habe. Wir sind glücklicherweise alle drei nicht von Allergien betroffen. Aber allein die Frage zu stellen, finde ich echt wichtig. In Deutschland habe ich das noch nie erlebt. Dafür hat mich Evan nicht danach gefragt, wie ich mein Burgerpatty haben wollte – wenn mit frischem Fleisch gearbeitet wird, nicht mit TK-Ware, ist das eigentlich üblich. Bevor mir das aber aufgefallen ist, war Evan schon zehn Minuten verschwunden. Da habe ich mich ein wenig über mich selbst geärgert, denn normalerweise will ich mein Fleisch eher in Richtung medium rare haben.
Die Bestellung
Die Speisekarte des Central Restaurants ist nicht unbedingt riesig, was eigentlich dabei hilft, sich schnell entscheiden zu können. Allerdings sah irgendwie alles ausgesprochen einladend aus. Schlussendlich habe ich mich dann aber doch – wie könnte es auch anders sein? – für einen Klassiker der nordamerikanischen Küche entschieden: einen Burger. Genauer: für den Fully Loaded Burger mit einem Patty aus Angus-Beef, doppelt geräuchertem Bacon und gereiftem weißen Cheddar. Außerdem versprach die Karte, dass Salat, Tomate, Gurken, sautierte Pilze, Röstzwiebeln und hausgemachte Soße auf dem gerösteten Kartoffel-Bun zu finden sein würden.
Der Burger kommt mit sogenannten Shoestring Fries oder Salat (ich nahm die Pommes). Dazu bestellte ich mir mit dem Stanley Park Sunsetter Peach Wheat Ale ein lokales Bier.
Als Evan dann nach überraschend kurzer Wartezeit unsere Speisen an den Tisch brachte, stand vor mir eine Art Emaille-Tablett mit erhöhtem Rand. Darauf stand eine Emaille-Schüssel mit den Pommes und eine kleine Blechschale mit Ketchup. Völlig unspektakulär lag auch der Burger einfach so auf der emaillierten Unterlage. Das war schon ein gewöhnungsbedürftiger Anblick und gab mir gänzlich unerwartet und komplett überflüssig einmal mehr diese unangenehmen »Wer einmal aus dem Blechnapf frisst«-Vibes. Sind Porzellanteller in diesen Hipster-Lounge-Bistro-Restaurants echt dermaßen aus der Mode gekommen? Oder bin ich einfach nur so unglaublich altmodisch?
Die Shoestring Fries

Beginnen wir mit der Beilage. Die Shoestring Fries entpuppten sich einfach als besonders dünne und lange Pommes – »Schnürsenkel-Fritten« passt also ziemlich gut als Name. Was zunächst nach einer recht überschaubaren Pommes-Portion ausgesehen hatte, war dann doch eine ziemlich mächtige Menge.
Denn diese Pommes waren nicht knusprig und hart wie meistens bei uns, sondern weich und biegsam. In der Küche hatte man darum eine ansehnliche Menge der Kartoffelstäbchen kompakt in die Emaille-Schüssel pressen und das volle Volumen der Schüssel ausnutzen können.
Aber Moment mal – nicht knusprig? Weich und biegsam? Pommes? Ja, aber diese Fritten waren dennoch keinesfalls labberig oder wabbelig – irgendwie besaßen diese Shoestring Fries auf überraschende, ungewohnte Weise die perfekte Konsistenz. Wie auch immer die das in der Küche hinbekommen haben, diese Fritten fühlten sich irgendwie … richtig an.
Außerdem waren sie perfekt gesalzen – nicht zu viel, nicht zu wenig. Der Kartoffelgeschmack war deutlich vorn, das Fett der Fritteuse kaum zu erahnen. Super lecker, für mich waren das die besten Pommes seit Langem. Die bekommen eine glatte 1 von mir. Auf den mitgelieferten Ketchup habe ich fast komplett verzichtet, denn der war überaus gewöhnlich.
Der Fully Loaded Burger

Der Fully Loaded Burger mit seinem Markenschutz-Patty wurde von einem kleinen Piekser zusammengehalten, und das war auch nötig, denn er war wirklich voll beladen. Überall quollen Bestandteile hervor, und ich entschied mich, das Ding mit Messer und Gabel zu essen.
Ganz unten auf der unteren Hälfte des Kartoffelbrötchens befand sich die hausgemachte Soße, darüber in feine Streifen geschnittener Salat, darauf etliche Scheiben eingelegter Gurken, dann mindestens zwei dünne Tomatenscheiben, darauf lag der Patty. Auf dem Patty war der weiße Cheddar geschmolzen, dessen Klebekraft die sautierten Pilze und Röstzwiebeln an Ort und Stelle hielt. Schließlich kringelte sich noch der Bacon ganz oben drauf, bevor die obere Hälfte des Buns das Ganze abschloss.
Ich beginne mal mit den langweiligsten Dingen: dem Käse und den Pilzen.
Der gereifte weiße Cheddar
Vor einiger Zeit habe ich mal einen Smashed-Burger in einem Gourmet-Burgerlokal gegessen, auf dem dicke, handgeschnittene Scheiben weißen Cheddars, Birnen und Preiselbeeren zum Einsatz gekommen waren. Insofern konnte ich ungefähr einschätzen, was für ein Käse mich erwarten würde. Und ich habe mich darauf wirklich gefreut.
Gereifter weißer Cheddar stammt vorwiegend aus Südwestengland, insbesondere aus den Grafschaften Somerset, Devon, Dorset und Cornwall. Auch in Irland werden White Cheddars gereift. Diese Spezialität bietet eine ausgeprägte aromatische Tiefe mit würzigen, leicht süßlichen und nussigen Noten sowie einer festen, cremig-bröseligen Textur – ein intensives, komplexes Käseerlebnis, das mit zunehmender Reife an Charakter gewinnt.
Gereifter Cheddar schmilzt dank seiner bröseligen Struktur extrem schlecht und bleibt ziemlich bissfest. Dünne Scheiben herzustellen, ist kaum möglich, weil der Käse dir einfach beim Schneiden wegbröselt. Darum wird Cheddar dieser Art außer bei Gourmet-Varianten (damals hatte ich ziemlich dicke, handgeschnittene Stücke unter dem Patty) nicht für Burger genutzt – er erfüllt einfach nicht die Kriterien dessen, was ein:e Konsument:in von einem Burgerkäse erwartet.
Als der Burger eintraf und ich nur ein dünn geschnittenes, geschmolzenes Quadrat des Käses auf dem Patty entdecken konnte, war ich ziemlich skeptisch, was den »aged white cheddar« betraf. Und ich sollte Recht behalten.
Die farblose Käsescheibe auf dem Patty schmolz nämlich während des Essens immer weiter und wurde schließlich beinahe flüssig und transluzent. Geschmacklich konnte ich absolut gar nichts von der eigentlichen aromatischen Tiefe der englischen Käsespezialität finden.
Das, was in diesem Burger verwendet wurde, war also auch bloß ein industriell gefertigter, milder und hochschmelzender Plastikkäse. Nur halt ohne den orangegelben Farbstoff, der in normalem Burgerplastikkäse benutzt wird.
In Kanada und den USA gibt es etliche Hersteller derartiger Produkte: Black Diamond, Chef Nutri, Kraft Heinz, Lactalis Food Service, Saputo, Sargento, Tillamook – alle bieten sie »aged white cheddar« an. Keiner davon entspricht dem bröseligen, kräftigen Cheddar-Profil britischer oder irischer Herkunft, sondern alle sind industriell auf das Schmelzverhalten für Burger und Sandwiches optimiert. Das Etikett »aged white cheddar« ist dabei bloß ein Marketingbegriff, unter dem ein kurz gereifter, pasteurisierter, sehr schmelzfreudiger Käse für den typischen Burger-Genuss vermarktet wird – mit transluzenter, homogener Schmelzdynamik und nichts, was ein Käseliebhaber als »lecker« bezeichnen würde.
Alles in allem: Die Karte verspricht mit der Bezeichnung »aged white cheddar« viel und liefert nichts. Das war schon sehr enttäuschend.
Allerdings war das farbarme Plastikkäsequadrat strategisch so auf dem Burger platziert, dass ich überzeugt bin, dass es eine ganz andere Funktion hatte, als für Geschmack zu sorgen. Nämlich als »Klebstoff« für die auf ihm liegenden Bestandteile des Burgers. Er hielt die Röstzwiebeln und Pilze an Ort und Stelle, die sonst garantiert überall, aber nicht auf dem Patty geblieben wären. Insofern: meinetwegen.
Apropos Pilze.
Die sautierten Pilze
Die sautierten Pilze – Champignons, wenn ich mich nicht irre – waren eine einzige Enttäuschung. Die Geschmacksrichtung von Pilzen ist bekanntlich umami. Die Geschmacksrichtung von denen auf dem Burger hingegen war nichtssagend.
Kein Wunder: Die Pilze waren superfein gehobelt, und beim Sautieren – also unter Schwenken auf hoher Hitze in Fett kurz und scharf anbraten – verliert derartiges Pilz-Carpaccio sofort seine Feuchtigkeit und quasi alles Aroma. Das Ergebnis ist geschmacklich fad und vom Mundgefühl her weich und matschig. All das also, was man nicht auf seinem Teller haben will.
Tipp: Wenn du Pilze sautieren möchtest, schneide sie in Stücke (nicht in Scheiben), die ungefähr so groß sind wie ein halber Daumen. So behalten sie ihre Struktur, verlieren kaum Wasser und entwickeln beim Kurzbraten auf hoher Hitze Röstaromen, statt matschig zu werden. Sehr dünn gehobelte Champignons hingegen kannst du entweder als Rohkost in deinen Salat geben oder – auch sehr geil – in einer frischen Zitronen-Vinaigrette oder einer leichten Kräutermarinade marinieren.
Soviel zu den Enttäuschungen. Glücklicherweise war der Rest des Burgers hervorragend.
Die hausgemachte Soße
Ja, sie stand auf der Karte. Ich habe sie allerdings weder gesehen noch irgendwie anders wahrgenommen. 🤷🏼♂️ Erst später fiel meiner Frau auf, dass mein Atem leicht nach Knoblauch roch – irgendwas muss insofern auf dem Burger gewesen sein. Aktiv aufgefallen ist mir die Soße also beim besten Willen nicht, ob nun mit oder ohne Knoblauch.
Klingt eigentlich wie ein vernichtendes Urteil über die Soße, oder? Aber ist es jetzt tatsächlich ein schlechtes Zeichen, wenn sich die Burgersoße nicht im Vordergrund präsentiert? Nein! Im Gegenteil! Denn wenn eine Burgersoße so prominent ist, dass du sie direkt schmeckst, kann der Rest des Produkts einfach nichts Besonderes sein. (Looking at you, Big Mac.) Bei der Soße des Fully Loaded Burgers hingegen wäre sie mir vermutlich nur dann aufgefallen, wenn sie gefehlt hätte. Aber sie hat genau das getan, was sie sollte: Sie hat den Burger komplettiert und abgerundet.
Das Toasted Potato Roll
Hätte auf der Karte nicht extra »geröstetes Kartoffelbrötchen« gestanden, wäre mir nicht aufgefallen, dass es sich nicht um ein Standard-Brioche gehandelt hätte. Es war vielleicht etwas fester und etwas weniger fluffig als ein solches, aber visuell und geschmacklich empfand ich es als schwierig, es von einem anderen qualitativ hochwertigen Burger-Bun zu unterscheiden. Aber: Im nächsten Abschnitt komme ich noch einmal darauf zurück, was mir sehr gut an diesem speziellen Brötchen gefallen hat.
Das Zeugs aus dem Gemüsegarten
Der frische Salat, der ganz zuunterst auf dem Bun lag, war bereits in kleine Streifen geschnitten. Die eigentliche Funktion des Salatblatts ist ja nicht, lecker und gesund zu sein, sondern ein Durchweichen des unteren Buns mit den Flüssigkeiten der darauf liegenden Zutaten zu verhindern.
So ein ganzes Salatblatt hat aber einen entscheidenden Nachteil: Alles, was auf diesem Blatt liegt, tendiert dazu, hin- und herzurutschen, womit dann über kurz oder lang alles wegflutscht und am Ende nichts mehr zwischen den Brötchenhälften liegt. Die kleinen Salatfetzen sorgten dafür, dass dieser Nachteil aufgehoben wurde.
Allerdings litt die eigentliche Salat-Funktion als Flüssigkeitsbremse erheblich darunter. Sowohl der Saft der Tomate als auch der des Fleisches sickerte also ungehindert durch. Ein normales Brioche-Bun hätte gegen Ende des Mahls eigentlich in Auflösung begriffen sein müssen. Dieses hier aber war es nicht. Zwar war die untere Hälfte des Potato Rolls bei den letzten Bissen ziemlich mit allerlei Säften gesättigt, aber es blieb absolut formstabil. Und das fand ich schon echt bemerkenswert. Top Bun!
Die Tomate bestand aus einigen dünnen Scheibchen, die mir beinahe gar nicht aufgefallen wären. Normalerweise finde ich die Tomatenscheiben auf Burgern ja zu dick geschnitten. Das ist zwar gut gemeint (»Hey, unser Junkfood liefert dir gesunde Vitamine!«), aber diese Scheiben sondern halt unter der Wärme des Pattys auch ziemlich schnell ihren ganzen Saft ab, der dann von den Seiten des Burgers heruntertrieft und eine riesige Sauerei veranstaltet. Das war hier mangels Masse nicht der Fall, und die Säfte der Tomate wanderten durch den Salat direkt in die Potato Roll, wo sie einfach aufgesogen wurden. Was den Geschmack angeht – ich habe eines der Tomatenscheibchen solo probiert –, kamen mir selbst die berüchtigten Hollandtomaten der 1980er Jahre in meiner Erinnerung intensiver vor.
Zwischenfazit zum frischen Gemüse
Grundsätzlich habe ich den Eindruck gehabt, dass das frische Gemüse – Salat und Tomate – nur der Vollständigkeit halber auf dem Burger zu finden war. Aber ich glaube, das gilt für jeden Burger – schmecken tut man das Zeug eh nie so recht.
Die Pickles
Irgendwo in den unteren Bereichen des Fully Loaded Burgers steckten auch die Pickles, also die eingelegten Gurken. Ich bin ein riesiger Liebhaber eingelegter Gurken, besonders (natürlich!) der Spreewaldgurken. Auch im eigenen Garten gibt es jedes Jahr Gurken, die ich selbst in meinem eigenen Spezialsud einlege.
Es gab ziemlich viele in recht dicke Scheiben geschnittene Pickles. Viele Pickles auf Burgern finde ich gut – allerdings nur dann, wenn sie auch schmecken. Vorsichtig zog ich also eine heraus und probierte sie solo.
Oh wow.
Was für geniale Gurken! Süß, sauer, würzig, fruchtig, ein winziger Hauch von Bitterem, dann plötzlich wieder Süße und Säure, alles begleitet von harmonischen Anteilen von Salz und Gewürzen – all das knallte mir in Sekundenbruchteilen durch meine Synapsen.
Diese Pickles: für mich Glückseligkeit pur.
Ich kann es nicht anders sagen: Noch nie habe ich eine bessere Burgergurke gehabt. Das war also die beste Burgergurke der Welt. Ob die mir im Central Restaurant wohl verraten, wo sie diese Gurken herbekommen, wenn ich ganz, ganz lieb frage?
Der Certified Angus Beef®-Patty
Etwas irritiert hat mich der Patty, der in der Karte mit einem eingetragenen Markenzeichen versehen ist: »certified angus beef®«. Zertifiziertes Angus-Beef mit Markenschutz? Das musste ich zunächst einmal genauer recherchieren.
WTH ist Certified Angus Beef mit Registered Trademark?
Es stellte sich heraus, dass »Certified Angus Beef« mit dem ®-Markenzeichen ein besonders hochwertiges Rindfleisch aus den USA ist. Die Marke ist von der American Angus Association entwickelt worden. Das Fleisch, das dieses Label tragen darf, muss strenge Qualitätskriterien erfüllen, die weit über den üblichen Standards liegen.
Entscheidend sind dabei Merkmale wie Marmorierung, Zartheit, Saftigkeit, Geschmack und die optische Qualität; diese werden im Schlachthof von speziell geschulten Prüfer:innen bewertet, nachdem das Fleisch zerlegt wurde. Weniger als ein Drittel der für das Programm geeigneten Rinder bestehen tatsächlich alle Anforderungen, sodass das Fleisch meist in den oberen Qualitätsklassen der USA – wie »Prime« oder »Choice« – angesiedelt ist.
Durch den Markenschutz dürfen nur autorisierte Partner:innen, die die hohen Qualitätsvorgaben erfüllen und eine Lizenzvereinbarung abgeschlossen haben, dieses Siegel verwenden. Das sichert zum einen die gleichbleibend hohe Qualität für die Konsument:innen und verhindert zum anderen, dass mit solchen Begriffen beliebig geworben wird. Als Restaurantbesucher:in kannst du also davon ausgehen, dass ein Burger mit »Certified Angus Beef®« nachweislich besonders hochwertiges, zartes und aromatisches Rindfleisch enthält, das über die Standards von gewöhnlichem Rindfleisch hinausgeht und nicht bloß ein werbewirksames Etikett trägt.
Hält der Patty das Versprechen?
Kurz gesagt: Ja.
Der Patty kam in einer Smashed-Variante. Der geschmackliche Vorteil eines Smashed Burgers liegt vor allem in der intensiven, karamellisierten Kruste mit vielen Röstaromen. Die entsteht, weil das frische, rohe Hackfleisch als Ball auf die sehr heiße Oberfläche der Grillplatte gelegt und dann mit einer Burgerpresse flachgedrückt wird. Die Außenseite des Pattys wird dadurch besonders knusprig, während das Innere seine Saftigkeit und lockere Struktur behält.
Das Geschmackserlebnis eines Smashed Burgers ist also eine Kombination aus krosser Kruste und saftigem Fleischkern, und gerade dieses Zusammenspiel hebt ihn deutlich von klassischen Burger-Pattys ab und macht ihn für viele zu einem besonderen Genuss. Auch für mich.
Als der Burger vor mir stand, habe ich vorsichtig nachgeschaut, welche Garstufe er hat. Natürlich: komplett durchgebraten. Ich hatte ja keine Chance gehabt, meinen Wunsch nach medium rare zu äußern. Ärgerlich.
Oder?
Nein. Das Fleisch in diesem Fully Loaded Burger im Central Restaurant Vancouver Bentall war vorzüglich. Mehr kann ich dazu eigentlich gar nicht sagen: wirklich vorzüglich.
Offenbar wirkt sich das Markenschutz-Zertifikat tatsächlich dramatisch auf die Qualität des Fleisches aus. Ich habe ja schon oft Smashed-Burger gegessen, aber noch keinen, der so lecker war. Saftig innen, kross außen, intensiver Fleischgeschmack – und das, obwohl der Patty komplett durchgebraten war! Phänomenal. PHÄ-NO-ME-NAL!
Der Patty alleine war eine 1+ mit Marienkäfer und Sternchen.
Die Röstzwiebeln
Auf dem Patty zerlief der oben besprochene Käse, auf dessen einer Hälfte die ebenfalls oben besprochenen Pilze keinerlei Wirkung entfalteten. Auf der anderen Hälfte des Plastikcheddars hafteten überraschend wenige, aber sehr knusprige Röstzwiebeln.
Um genau zu sein, handelte es sich mehr um kleine Brösel von Röstzwiebeln, so, als wären sie aus Zwiebelwürfeln hergestellt worden statt aus den einzelnen Schichten eines Zwiebelhalbmonds. Sie verbreiteten ein intensives Aroma und verliehen dem Burger einen kräftigen Crunch.
Ich bin ein großer Freund von guten Röstzwiebeln, und diese hier waren zweifellos hervorragend. Normalerweise hätte ich gerne etwas mehr davon gehabt. Aber ich muss zugeben, dass diese kleine Menge der Zwiebelchen tatsächlich optimal für den Fully Loaded Burger war.
Denn sogar mit so wenig Masse haben sie die Komplexität des Geschmacksprofils noch einmal ordentlich nach oben geschraubt und das ganze Gericht auf eine neue Ebene geholt. Noch mehr davon hätte möglicherweise die Balance der Aromen gestört.
Der Bacon
Hatte ich oben dem Smashed-Patty nicht schon eine 1+ mit Marienkäfer und Sternchen gegeben? Das bringt mich jetzt etwas in Bedrängnis, denn als krönender Abschluss kam auch noch salzig, rauchig und herzhaft: der Bacon.
Die gebratenen Speckscheiben kringelten sich in einer üppig bemessenen Portion zuoberst direkt unter der oberen Hälfte des Brötchens.
Glücklicherweise war er nicht kross und hart gebraten, sondern so zart, dass seine Säfte noch austreten und ihre magische Wirkung auf meine Geschmacksknospen entfalten konnten.
»Alles schmeckt besser mit Bacon.« Ja, das stimmte hier besonders.
Zwischenfazit zum Burger:
Ich bin mir ehrlich unsicher, ob die Gurken, der Patty oder nicht vielleicht der Bacon der Höhepunkt des Fully Loaded Burgers war. Wenn ich mir das Zusammenspiel aller Komponenten ansehe, muss ich sagen, dass das schon ziemlich nah dran am perfekten Burger war.
Darum würde ich ihm eigentlich gerne eine glatte 1 geben.
Doch wegen der unredlichen Behauptung eines Aged White Cheddars, der sich dann aber bloß als farblose Industrieschmelzkplastikscheiblette entpuppte, bin ich offen gestanden ein wenig beleidigt. Und auch die sautierten Pilze empfinde ich als vertane Chance.
Darum landet der Burger bei einer guten 2+.
Stanley Park Sunsetter Peach Wheat Ale

Ich hatte Evan nach einem lokalen Bier gefragt, und ohne auch nur im Geringsten zu zögern, hat er sofort auf das Stanley Park Sunsetter Peach Wheat Ale gezeigt.
Wheat Ale ist – haltet euch fest – nichts anderes als Weißbier. In Nordamerika, wo bereits gelblich gefärbtes Wasser als Bier durchgeht, wurde es vorwiegend von Craft-Brauereien populär gemacht. Allerdings handelt es sich um eine moderne Interpretation des deutschen Stils und sie hat wenig mit unserem traditionellen Weißbier zu tun. Der entscheidende Unterschied zwischen Nordamerika und Deutschland liegt in der Verwendung einer anderen Hefe.
Im Gegensatz zum deutschen Weizenbier fehlen die typischen Bananen- und Nelkenaromen. Stattdessen hat Wheat Ale ein reineres, mildes Malzaroma und kann je nach Hopfung zitrusartige oder blumige Noten aufweisen. Wheat Ales dienen häufig als Basis für Fruchtbiere, wie in diesem Fall das Peach Wheat Ale.
Gebraut wird dieses Peach Wheat Ale in einer Brauerei im Stanley Park, einer Vancouver vorgelagerten Halbinsel, die den größten Park der Stadt mit Stränden, Spazierwegen, dem Vancouver Aquarium und einer malerischen Ufermauer beherbergt.
Das Bier kommt in einem unspektakulären Wasserglas, das 14 Unzen fasst. Unzen? Ja, Kanada macht dieses komische britische Mischmasch mit, das einige der völlig aus der Zeit gefallenen, komplett unbrauchbaren und nicht miteinander verrechenbaren imperialen Einheiten mit dem absolut logischen, durchdachten metrischen System vermischt.
Es ist total verrückt: Draußen sind 25 Grad Celsius, aber die Tiefkühlpizza wird bei 375 Grad Fahrenheit gebacken. Das Auto fährt mit 80 km/h, aber das Ziel ist zwei Meilen die Straße runter entfernt. Ich wiege 83 Kilo, aber in den Kuchen müssen zwei Tassen Mehl, eine Tasse Zucker, eine Tasse Butter und eine halbe Tasse Milch. In der Wasserflasche aus dem Supermarkt sind 1,5 Liter, aber das Wasserglas fasst 14 Unzen.
Ach ja, da sind wir wieder: 14 Unzen sind etwas mehr als 410 Milliliter. Und weil wir gerade bei »britisch« sind – das Bier, das mir im Central Restaurant auf den Tisch gestellt wird, hat keine Schaumkrone. Denn man will ja nicht für Schaum bezahlen, sondern für Bier.
Mein unfiltriertes, naturtrübes Pfirsichweißbier aus dem Stanley Park duftet intensiv nach der Frucht und schmeckt auch so. Die leichten 4,8 Volumenprozent spüre ich beim Trinken kaum. Außerdem ist das Bier kein bisschen herb. Später las ich auf der Website der Brauerei, dass es auch nur 16 über Bittereinheiten (International Bitterness Units oder IBU) verfügt. Das ist zwar mehr, als typische deutsche Weißbiere besitzen, die sich mit wenigen Ausnahmen zwischen 9 und 12 IBU bewegen. Aber es ist noch immer weit entfernt vom Pilsner. Krombacher hat als mildestes aller Fernsehwerbungsbiere 24 IBU, Bitburger 33, und das herbe Jever bringt sogar 40 IBU auf die Waage, wo es sich mit dem Pils überhaupt messen darf: mit Pilsner Urquell. Das hat ebenfalls 40 IBU.
Eine Ausnahme bei der Bitterkeit bildet übrigens Beck’s – denn das hat, obwohl es ein Pils zu sein vorgibt, einen IBU-Wert von gerade einmal 12 und stößt damit gefährlich nahe in die Regionen des gelblichen Wassers aus Nordamerika vor (Coors Light und Miller Lite haben lediglich 10 IBU, und das berüchtigte Bud Light unterschreitet mit seinen lächerlichen 7 IBU die Bitterkeit simpler Kräutertees).
Aber zurück zum Stanley-Park-Bier: Im Mittelpunkt des Geschmacksprofils dieses Wheat Ales stehen süß-fruchtige Aromen von reifem Pfirsich. Beim Brauen wird Citra-Hopfen eingesetzt, wie ich der Website entnehmen konnte. Das ist ein moderner Aromahopfen aus den USA, der ein ausgeprägtes Aroma von Zitrus- und tropischen Früchten mitbringt. Ich kannte ihn bisher nur von IPAs, also India Pale Ales, wo er für die zitronige Note sorgt.
Das Stanley Park Sunsetter Peach Wheat Ale wurde übrigens mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem ersten Platz bei den BC Beer Awards 2015, Gold bei den World Beer Championships 2015 und Gold in der Kategorie Fruit Wheat Beer bei der Los Angeles International Beer Competition 2017 sowie weiteren Preisen.
Aber von Preisen lasse ich mich nicht beeindrucken – das Getränk muss mich schon selbst überzeugen. Den Hype um Craftbiere kann ich nicht unbedingt immer nachvollziehen, und insbesondere bei Weißbier bin ich ziemlich eigen. Das darf gern schön traditionell bleiben.
Das Stanley Park Sunsetter Peach Wheat Ale hat mir gut geschmeckt, ist aber offen gesagt nichts Besonderes. Mit einer Schulnote 3 ist es gut bedient.
Das Fazit
Die Shoestring Fries haben mich voll und ganz überzeugt, der Fully Loaded Burger mit den genannten Einschränkungen bei Käse und Pilzen auch. Das Bier habe ich nur der Vollständigkeit halber aufgeführt und ist nicht Teil dieser Wertung.
Insgesamt kann ich das gesamte Gericht mit bestem Gewissen mit einer knappen 1 auf der Schulnotenskala bewerten. Das ist schon ein echt hohes Niveau, an dem ich hier herummäkele.
Und wie sieht es aus mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis? Aktuell, im August 2025, ist der Wechselkurs zwischen kanadischem Dollar und Euro ausgesprochen günstig.
Die Preisangaben auf den Karten sind – das ist hier üblich – Nettopreise. Da werden dann am Ende noch 5 % GST (eine Bundessteuer namens Goods and Services Tax) und in British Columbia 7 % PST (Provincial Sales Tax) aufgeschlagen. Bei alkoholischen Getränken wie meinem Bier werden sogar 10 % PST fällig.
Mein Fully Loaded Burger kostete netto 23,75 CAD und inklusive der insgesamt 12 % Steuern 26,60 CAD. Das entspricht überraschend günstigen 16,67 Euro. In Deutschland müsste man allein schon wegen der Lage und der Trendigkeit des Restaurants mit einem höheren Preis rechnen. Aber dann noch in dieser hohen Qualität? Das würde locker deutlich in Richtung 25 Euro gehen.
Alkohol ist in Kanada ohnehin schon verhältnismäßig teuer, dazu kommt die erhöhte Steuer. So lag dann das ca. 0,4-Liter-Bier (8,50 CAD netto) bei 9,78 CAD inklusive 15 % Steuern, also bei 6,13 Euro. In Deutschland wäre bei einem normalen Weißbier eher mit einem Preis von um die 4,50 zu rechnen gewesen. Craft-Weizenbiere sind aber auch bei uns teurer – der Median liegt so bei um die 5,50 Euro.
Nun waren wir ja zu dritt im Central Restaurant Vancouver Bentall. Wir alle drei haben lecker gegessen und gut getrunken. Alle waren satt, alle fanden ihr jeweiliges Essen hervorragend. Inklusive aller Steuern und 20 Prozent Trinkgeld für den sehr aufmerksamen Evan habe ich 111,78 kanadische Dollar bezahlt – das sind tagesaktuell 69,94 Euro insgesamt oder umgerechnet 23,31 Euro pro Nase.
Da kann man echt nicht meckern.
Und darum meckere ich auch nicht. Wenn ihr mal zufällig in Vancouver seid, spricht absolut nichts gegen einen Besuch im Central Restaurant Vancouver Bentall.
